Der Fluss in „Katja Kabanova“
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Regisseurin Anika Rutkofsky, Alumna der Akademie Musiktheater heute und Gewinnerin des Ring Awards 2021, über den Fluss – die Wolga – als Teil ihrer Inszenierung von Leoš Janáčeks Oper Katja Kabanova.
„Unsere Bühne bildet die Wolga nicht naturalistisch ab. Die Inszenierung spielt in einer Petersburger Kirche, die in der Sowjetzeit zu einem Schwimmbad umfunktioniert und nach dem Fall der UdSSR rückgebaut wurde: Das Sprungbrett ist wieder ein Altar, im Becken stehen Sportbänke für die Gemeinde. Die Spuren der Überschreibung bleiben jedoch sichtbar. Es ist eine opportunistische Gesellschaft, die an das eine geglaubt hat und sich dann plötzlich an ein neues System anpassen muss. Was die Hierarchien und Machtpositionen betrifft, bleibt alles beim Alten. Wer vorher Bademeister war, wird jetzt wieder Priester,
die Mesnerin war kurzzeitig Ticketverkäuferin, die Badegäste kommen nun zum Beten. Katja kommt mit dieser Scheinheiligkeit nicht klar, die mit „Tradition“ nur eine leere Nostalgie meint. Die Wasserflecken an den Wänden stehen in Verbindung mit dem deutlich hörbaren, aber kollektiv unterdrückten symphonischen Fluss. Wir interpretieren die Wolga als subjektiv treibende Kraft im Inneren der Hauptfigur, denn dieser ausgetrocknete Ort passt gar nicht zu Katja. Sie ist eigentlich eine sehr leidenschaftliche Frau, aber völlig eingezwängt in der ihr zugewiesenen gesellschaftlichen Rolle. Wahrscheinlich wurde sie verheiratet, bevor sie wusste, was es heißt, Liebe zu empfinden und sexuelle Lust zu erfahren. In ihrem Eheleben kann sie ihre Bedürfnisse nicht ausleben, sodass sie irgendwann wie eine Naturgewalt aus ihr herausbrechen. Dieser Kontrollverlust ist ihr extrem unheimlich, denn sie ist streng gläubig erzogen.
Am Ende kann sie den Druck von innen und von außen nicht mehr aushalten und entscheidet sich für den Tod in der Wolga. Dieser Entschluss macht ihr keine Angst, sondern ist eher wie eine Heimkehr. Wie die literarischen Figuren der Undine oder Melusine findet sie die ewige Ruhe im Element des Weiblich- Zyklischen.“ Anika Rutkofsky
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