Frei für Carmen
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Ballettdirektorin Beate Vollack blickt in ihrer neuesten Kreation auf „Carmen“ im Gespräch mit Dramaturg Bernd Krispin.
Georges Bizets „Carmen“ ist eine der bekanntesten und populärsten Opern überhaupt. Wie macht man sich von dieser Vorlage frei, um den Stoff als Ballett darzustellen?
Beate Vollack: Ganz frei kann und soll man sich von der Vorlage der Oper sowie der Erzählung von Prosper Mérimée nicht machen, denn ich will ja genau diese Geschichte einer tragischen Liebe erzählen. Die Herausforderung besteht nicht darin, die Vorlage zu ignorieren, sondern diese Geschichte mit tänzerischen Mitteln genauso spannend zu erzählen.
Was hat Carmen, sodass sich José in sie verliebt?
Beate Vollack: Das Faszinosum der Carmen ist Freiheit, Unabhängigkeit, sowie selbstbestimmtes Handeln, verbunden mit selbstbestimmter Liebe.
Ihre Choreographie von Hans Werner Henzes „Undine“ hat sich dadurch ausgezeichnet, dass Sie die Titelrolle verschiedenen Tänzerinnen anvertraut haben. Nutzen Sie dieses Stilmittel auch in „Carmen“, um all die Facetten einer Figur darzustellen?
Beate Vollack: Nein! Denn Carmens Kraft und Faszination entstehen für mich nur durch die Zentrierung aller Gefühle, Emotionen und immer wieder der Überraschung ihrer selbstbestimmten Entscheidungen in einer Frau: Carmen!
Aber José bekommt ein „alter Ego“ an die Seite. Wie in der Erzählung von Prosper Mérimée nutze ich das Stilmittel der Rückblende und erzähle zwei Zeitebenen. Da gibt es die Erinnerungen, und gleichzeitig gibt es das Hier und Jetzt dieser emotionalen Liebesgeschichte.
Mit dem Schauplatz Spanien untrennbar verbunden ist der Stierkampf. Welche Bedeutung hat der für Ihre Sichtweise auf „Carmen“?
Beate Vollack: Die Kraft des Stieres ist mir sehr wichtig und spielt durchaus eine zentrale Rolle. Aber ich siedle das Stück deshalb trotzdem nicht in Spanien an. Jon Morrell, der die Bühne und die Kostüme gestaltet, hat gemeinsam mit mir nach einem eher zeitlosen und allgemein gültigen Setting gesucht, denn die Figur der Carmen ist für uns nicht an Spanien gebunden. Carmen ist der Name der Heldin dieser einen Geschichte, aber es gibt sie schon immer und überall. Schauen Sie genau hin, dann können Sie auch jetzt und hier eine Carmen finden – vielleicht ist es ja Ihre Freundin oder Nachbarin …
Zusätzlich zur Musik von Georges Bizet hören wir in dieser Aufführung auch Musik anderer Komponisten. Als bewusster Kontrast oder als reizvolle Ergänzung?
Beate Vollack: Beides! Denn ich versuche, die unvergessliche Musik von Georges Bizet klanglich so zu erweitern, dass diese andere Musik nicht mit Bizets Partitur konkurriert, sondern sie klanglich sinnvoll ergänzt. Das Publikum soll das Bekannte hören, das es sich wünscht und erwartet. Und doch wollen wir das Publikum auch musikalisch überraschen. Womit, bleibt vorerst Carmens Geheimnis.
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Ab 14. Juni wird die Studiobühne zum Schauplatz für jungen, aufregenden, stilistisch vielfältigen Tanz, denn in sechs kurzen Stücken erarbeiten Mitglieder des Balletts der Oper Graz mit Kolleg:innen zutiefst persönliche Einblicke in ihr Leben, Denken und Fühlen.
Am 14. Juni (ein zweites Mal am 22. Juni) geht Robert Schumanns Komposition „Szenen aus Goethes ‚Faust’“ in einer konzertanten Produktion mit zahlreichen Solist:innen über die Opernbühne. Roland Kluttig steht am Pult der Grazer Philharmoniker.
Mit diesem Konzert erfüllt sich Chefdirigent Roland Kluttig einen Herzenswunsch zum Abschied aus der Oper Graz. Mit den Grazer Philharmonikern und Ensemblemitglied Mareike Jankowski.