Zeit. Vergänglich
Eine Koproduktion der Oper Graz und der Kunstuniversität Graz
Uraufführung
Content
Seit 2007 kooperieren die Oper Graz und die Kunstuniversität Graz, um deren Kompositionsstudierenden die Möglichkeit zu eröffnen, unter
der Anleitung ihrer Lehrenden einen Beitrag zur vielleicht herausforderndsten musikalischen Gattung – zur Oper – zu verfassen. 2022 treffen die Oper einer südkoreanischen Komponistin auf die Werke ihrer Kollegen aus der Türkei, aus Ungarn und aus Spanien, wobei das Herantreten der vier, da es die stilistische Vielfalt der Gattung auskostet, höchst unterschiedlich ist. So sind an einem Abend literaturgeprägte Zugänge zur Oper ebenso zu erleben wie eine interdisziplinär formulierte Aufforderung an das Publikum, sich seinen eigenen Erfahrungen zu stellen. Christoph Zauner obliegt es auch 2022, das Projekt „Opern der Zukunft“ unter dem Titel „Zeit. Vergänglich“ zu einem packenden, die Lebenskraft der Gattung Oper bejahenden Theaterabend zu vereinen.
Glücklich, die wissen, dass hinter allen Sprachen das Unsägliche steht
Musik von Joan Gómez Alemany
Nach ausgesuchten Texten von Rainer Maria Rilke, Friedrich Hölderlin, Novalis, Angelus Silesius und Fernando de Rojas („La Celestina“)
In deutscher und spanischer Sprache
Vier Personen hatten alle eine uns nicht bekannte, intime Verbindung zu La Celestina. Wir wissen es nicht genau. Vielleicht ein vom Glauben abgefallener Priester, ein eine verzweifelte Verbindung zu Gott suchender Wissenschafter, eine eine fremde Kindheit erlebende Autorin und eine alleingelassene Tochter. Sie alle versuchen, Momente der Begegnung zu rekonstruieren, Momente der gemeinsamen Erinnerung zu schaffen, sie begleiten sie bis in den Wahnsinn. Es kommt zu einer Auseinandersetzung mit dem Alter, dem Tod, der Einsamkeit, der Suche nach Halt in Religion, dem Abdriften in den Wahnsinn, und dem Gefühl des Zurückbleibens. Ein Abschied.
Solus
Musik von Ármin Cservenák
Nach ausgesuchten Texten von Rainer Maria Rilke und Friedrich Nietzsche
In deutscher Sprache
Ein überstrahlter, weißer, kalter Raum. Im Hintergrund eine offene Tür. Durch sie dringt gleißend helles Licht in den Raum. Es blendet. Drei Gestalten, drei Körper, drei Damen, drei Zurückgelassene erwachen in diesem unbekannten Raum ohne jeglichen Anhaltspunkt. Sie sind geblendet und verloren, sind gezwungen, sich zurechtzufinden. Über ihre Stimmen beginnen sie, langsam den Raum zu erkunden. Nach und nach kommen die Sinne wieder. Langsam realisieren sie, nicht alleine in diesem Raum zu sein. Wer sind die anderen? Wer sind sie selbst?
Sie beginnen zögerlich, Kontakt aufzunehmen, über den anderen sich selbst neu zu erleben, neu zu begreifen. Es entsteht eine Nähe, eine Vertrautheit, eine Symbiose. Sind wir unterschiedlich? Sind wir eine Einheit? Zwei der Frauen erkennen und akzeptieren das und haben dadurch die Möglichkeit, dieses Stadium hinter sich zu lassen. Die Zurückgebliebene kommt nicht zur Ruhe, sie ist weiterhin auf der Suche, haltlos, verzweifelt, alleingelassen. Voller Wut und Angst.
Morgen 6:58
Musik von Jeeyoung Yoo
Libretto von Sanghwa Park
In deutscher Sprache
In einem Raum erwachen drei Personen am frühen Morgen. Über ihnen thront eine Uhr. Sie zählt unaufhörlich die Sekunden, die Zeit vergeht jedoch nicht. Die drei Personen sind Negativ, Neutral und Positiv. Ihre Grundeinstellungen sind ausschließlich negativ, neutral und positiv. Ihre Namen sind Negativ – „Bu“, Neutral – „‚Mu“ und Positiv – „Ge“.
Sie haben das gleiche vor. Was das jedoch ist, bleibt allgemein verborgen. Sie agieren und reagieren, streiten und empfinden es als notwendig, sich gegenseitig zu überzeugen. Vor allem Mu (Neutral) und Ge (Positiv) versuchen, Bu (Negativ) auf den rechten Weg zu bringen. Sie werden durch die Aussichtslosigkeit ihres Versuches aber selbst immer aggressiver und deprimierter. Letztendlich müssen sie zur Arbeit, doch schaffen sie es aus dem Bett?
The Patron Saint of Liars
Musik von Sinan Samanlı
Nach dem Roman „Das Uhrenstellinstitut“ von Ahmet Hamdi Tanpınar
In englischer und türkischer Sprache
In einem der wichtigsten Büros des Landes, dem Uhrenstellinstitut, herrscht reges Treiben. Es wird an wichtigsten Dingen gearbeitet, nämlich an der Zurschaustellung der eigenen Wichtigkeit. Jedoch kommen dem Institutsleiter Hayri zunehmend Zweifel. Er beginnt, die Notwendigkeit des eigenen Seins in Frage zu stellen. Sein Vorgesetzter Halit, dem Zweifel völlig unbekannt sind und der das nicht akzeptieren kann, führt Hayri in einer Spelunke die Möglichkeit der Verschiebung der Realität durch einfaches Aufstellen von falschen Behauptungen vor Augen. Die Lüge wird zur Realität. So geläutert, beschließt Hayri auf Initiative von Halit, die Arbeit an der historischen Biographie des fiktiven großen „Scheichs Achmet Efendi der Rechtzeitige“ aufzunehmen. Diese erfundene Figur wird jedoch so real, dass sie erscheint und es mit Hayri zu einer existentiellen Auseinandersetzung kommt. Nachdem sich die Lüge in der absoluten Realität manifestiert hat, darf es keine Zweifel mehr geben. Der Schöpfer, der Erlöser ist erschienen.