
Castor et Pollux
Libretto von Pierre-Joseph Bernard (genannt Gentil-Bernard)
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Vier Menschen, die durch die Hölle ihrer eigenen Gefühle gehen, sind das Zentrum von Jean-Philippe Rameaus Meisterwerk Castor et Pollux.
Choreographin und Regisseurin Nanine Linning, dem Grazer Publikum bereits als Regisseurin des Giulietta-Akts von Hoffmanns Erzählungen in der Spielzeit 2023/24 bekannt,
lässt die der französischen Barockoper immanenten Elemente Tanz und Musiktheater erneut ineinanderfließen. Als künstlerischer Partner auf der Reise in die menschlichen Abgründe
steht ihr mit Bernhard Forck ein Spezialist für Alte Musik zur Seite.
Télaïre ist Pollux versprochen, liebt aber genau wie Phébé Pollux’ Bruder Castor. Pollux wiederum liebt Télaïre ... – Der Ausgangskonflikt von Rameaus dritter
Oper ist schlicht unlösbar. Zwar gibt Pollux Télaïre für den geliebten Bruder frei, dieser fällt aber kurz darauf in einem Kampf, den die eifersüchtige
Phébé provoziert hat. Damit Castor und Télaïre dennoch vereint sein können, fasst Pollux den Entschluss, seinen Bruder aus der Unterwelt zurückzuholen.
Dafür aber muss er ein großes Opfer bringen und selbst in der Unterwelt verbleiben. Und Phébés Liebe zu Castor brennt nach wie vor …
Der Gang in die Unterwelt, um einen geliebten Menschen wieder ins Diesseits zurückzuholen, ist ein berühmter Topos der Weltliteratur. Wie schon in
einer der ersten Opern der Musikgeschichte, Monteverdis L’Orfeo, nutzt auch Rameau diesen Topos, um ein inneres Seelengemälde seiner vier
Protagonist:innen zu zeichnen. Dabei setzt er auf eine ausgefeilte und unkonventionelle Harmonik und den Einsatz differenzierter Klangfarben,
womit er die französische Oper nach Lully geradezu revolutionierte.
Nach der Uraufführung 1737 unterzog der Komponist die Tragédie mise en musique einer tiefgreifenden, die Handlung straffenden Überarbeitung,
die in ihrer 2. Fassung 1754 einen bahnbrechenden Erfolg feiern sollte – und sicherlich nicht zuletzt dazu beitrug, dass Camille Saint-Saëns über
100 Jahre später urteilte: »Der unsterbliche Rameau ist das größte musikalische Genie, das Frankreich je hervorgebracht hat.«