Orlando
Musik von Henry Purcell, Benjamin Britten, Ethel Smyth u. a.
Ballett nach dem gleichnamigen Roman von Virginia Woolf
Orlando kommt als Junge zur Welt und macht als Frau Karriere. Ein Leben, das im 16. Jahrhundert beginnt und bis ins 20. Jahrhundert reicht. Schillernde Persönlichkeiten, königliche Gebieterinnen, höfisches Leben, phantastische Reisen, die große Liebe, ländliches Idyll, farbenprächtiger Orient, kriegerische Aufstände, turbulente Nächte und die unglaubliche Verwandlung vom Mann zur Frau … und all das zu den Klängen aus 400 Jahren britischer Musikgeschichte!
Der sechzehnjährige Edelmann Orlando übt sich in der Kunst des Fechtens, aber auch in der Dichtkunst, hält sich gerne in der Natur auf, sucht häufig die Einsamkeit, ist ein bisschen ungeschickt und verträumt. Königin Elisabeth I. ist ganz verzaubert von ihm und macht ihn zum „Schatzmeister und Großhofmeister“. Doch er verliebt sich, zum ersten Mal, unsterblich, mit Haut und Haar: in die schöne russische Gräfin Sascha. Die Liebenden planen die Flucht – doch am Ende reist Sascha ohne Orlando ab. Er wird wegen Untreue vom Hof verbannt und startet in sein Lebensabenteuer. In Konstantinopel, wohin er sich als Botschafter versetzen lässt, erwacht Orlando nach einem mehrtägigen Schlaf als Frau…
Orlando, der erste große literarische Erfolg der englischen Schriftstellerin Virginia Woolf, ist ein Meilenstein in der feministischen Literatur und ein richtungsweisender Text in der Geschlechterforschung. Der Roman, der in raffiniert ironischer Weise mit gesellschaftlichen und historischen Realitäten spielt, zeichnet ein pittoreskes Sittengemälde der englischen Gesellschaft seit dem Elisabethanischen Zeitalter und beleuchtet dabei kritisch die dem weiblichen Geschlecht in verschiedenen Jahrhunderten zugedachten Rollen.
Die irische Choreographin Marguerite Donlon hat Choreographien mit dem Ballett der Wiener Staatsoper, dem Nederlands Dans Theater II, dem Stuttgarter Ballett, der Hubbard Street Dance Company Chicago oder der Companhia Nacional de Bailado in Lissabon vorgelegt. Ihre Arbeiten sind kraftvoll und charmant, frech und witzig, zeigen Tanz und Theater im Spagat zwischen Klassik und Komik, Avantgarde und Spaß.
Wir weisen darauf hin, dass in der Aufführung stroboskopähnliche Lichteffekte zum Einsatz kommen.
“ [ … ] Choreografiert und inszeniert hat die – zu einem feministischen Standardwerk gewordene – fiktive Biografie Marguerite Donlon. Die irische Choreografin bewegt sich mit dem Handlungsballett entlang der literarischen Vorlage, spricht jedoch eine eigene Sprache und zündet mit der präzise agierenden Kompanie ein Feuerwerk an kreativen, zuweilen grotesken Bewegungsabläufen. Videoelemente schaffen neue Räume, Lichtinstallationen verstärken die poetische Atmosphäre. [ … ] Orlando durchlebt mehr als drei Jahrhunderte englischer Geschichte, die in architektonischen Projektionen und den inspirierten androgynen Kostümen Silke Fischers angedeutet und durch die Musik (fast ausschließlich) britischer Komponistinnen und Komponisten vom Barock bis in die Gegenwart lebendig werden. [ … ] Als Orlando brilliert Lucie Horná und gestaltet die Metamorphosen vom verträumten Knaben, Abenteurer und Höfling zur selbstbewussten Frau mit beeindruckender Präsenz und beiläufiger Ironie.
[ … ]“ (Beate Frakele für die Kleine Zeitung)
“ [ … ] Das Ballett der Oper Graz startet in die Saison. Marguerite Donlon inszeniert „Orlando“ mit der großartigen Lucie Horná in der Titelrolle. [ … ] Die irische Choreografin Marguerite Donlon bringt den feministischen Klassiker als zeitloses Märchen auf die Bühne. Geschickt spielt sie sowohl in ihrer Bewegungssprache als auch in den Kostümen (Silke Fischer) mit den unterschiedlichen Epochen, die dieses Bewegungsepos durchschreitet. Auch die Musikauswahl – von Henry Purcell und Edward Elgar bis Benjamin Britten und Philip Glass – unterstützt diese Aura der Zeitlosigkeit, die von den Grazer Philharmonikern unter Marius Burkert souverän in die Oper gezaubert wird. [ … ] In der Titelrolle brilliert Lucie Horná. Scheinbar mühelos trägt die omnipräsente Tänzerin den Abend. Ihrem Orlando verleiht sie spitzbübischen Charme, feministische Kampfbereitschaft und androgyne Grazie, ohne dabei – bei allem Spiel mit Geschlechterzuschreibungen – jemals in eine Form der Manieriertheit zu verfallen.
[ … ] Und wenn Donlon (etwa zu „Pomp and Circumstance“) das gesamte Ensemble antanzen lässt, dann läuft dieser „Orlando“ ohnehin zur absoluten Höchstform auf.
(Christoph Hartner für die Kronen Zeitung)
„[ ... ] Dass das Thema des Handlungsballetts ein heutiges sein müsse, war dem erfahrenen Tanzmanager Elwert selbstverständlich. Nicht selbstverständlich hingegen war, wie man ohne Libretto und ohne gegebener Komposition Virginia Woolfs richtungsweisenden Roman zeitgemäß relevant auf die Tanzbühne bringen könnte. Gemeinsam mit der aus Irland stammenden, international erfolgreichen Choreografin Marguerite Donlon, die schon lange dieses Werk choreografieren wollte, wurde schließlich ein Weg gefunden: Ein markant eigenwillig kreativer und nicht zuletzt einer, der mit wohlüberlegt eingestreutem Humor das ebenso große wie tiefgründige Thema der Selbstfindung motivisch fokussierend umkreist. In einem prächtigen, einem prallen Gesamtkunstwerk. [ … ] Das, was Donlon choreografisch und Elwert dramaturgisch mit der neu zusammengestellten Grazer Ballettcompagnie (18 TänzerInnen, sechs von ihnen neu dazugekommen) in den zahlreichen Szenen der zweiaktigen Romanumsetzung auf die Bühne stellen, ist inhaltlich überzeugend verwurzelt wie denkanstoßend und tänzerisch dynamisch kreativ umspielt. Die Tanzsprache changiert nachvollziehbar und erhellend: Eingestreute Ballettposen und kurz zitierte, klassische Pas de Deux-Bewegungsfolgen im Fluss werden abgelöst und erweitert durch die emotionale und individuelle Aussagekraft zeitgenössischen Tanzes, getragen von überraschender, ja formloser, suchender Widersprüchlichkeit. [ … ] Lucie Horná entspricht als facettenreicher Orlando den an sie gestellten hohen Anforderungen voll und ganz. [ … ] Ihre hier zum Tragen kommenden darstellerischen Fähigkeiten sind bemerkenswert in der Stärke der vermittelten Feinsinnigkeit; was für ihre Soli wie auch für Duette mit sehr unterschiedlichen PartnerInnen gilt: mit Henrietta (köstlich :Christoph Schaller) und kongenial mit Shelmerdine (Leonardo Germani). [ … ]“ (Eveline Koberg für tanz.at)
„Die irische Choreografin Marguerite Donlon erzählt Orlands Geschichte mit viel Witz und manchen Überraschungen. Das Ballettensemble der Oper Graz agiert mit großer Energie und beeindruckt mit guter Technik. [ … ] Bewundernswert wie Lucie Horná die Rolle verinnerlicht hat und sich im Stückverlauf scheinbar selbst verändert. Bis zuletzt hat sie eine unbändige Energie und Spiellust – definitiv eine herausragende Leistung, da sie die meiste Zeit auf der Bühne ist. Zu recht bekam sie am Ende viel Jubel dafür. [ … ] Nach gut zwei Stunden verdient viel Jubel für ein sichtlich erleichtertes Ensemble und den gelungenen Einstand des neuen Ballettchefs. Schön, dass auch heute noch Geschichten auf der Bühne erzählt werden.“ (Paul Delavos für tanznetz.de)